Führung, Zusammenarbeit

Mitarbeiterkontrolle? Ja, aber auf Augenhöhe – Sechs Praxistipps

Die Ausübung von Kontrolle ist eine Kernfunktion von Führungskräften. Durch die exzessive Mitarbeiterüberwachung bei Discountern oder Amazon ist der Begriff „Kontrolle“ in der Arbeitswelt und in der öffentlichen Diskussion verbrannt. Ungerechtfertigt empfundene Kontrolle führt zu Vertrauensverlust und beschädigt das Unternehmen. Wie sieht dann ein von Mitarbeitern akzeptiertes Kontrollverhalten aus? Gibt es Unterschiede zwischen den Generationen und Geschlechtern? Dieser Artikel wird Ihnen helfen, als Führungskraft ihre Kontrollfunktion umsichtig wahrnehmen zu können.

 

Ist Mitarbeiterkontrolle überhaupt wichtig und zeitgemäß?

Ich finde schon! Denn Kontrolle ist nicht immer ein Vertrauensbruch gegenüber dem Mitarbeiter. Wenn Sie als Führungskraft ein Arbeitsergebnis kontrollieren, bedeutet das im Umkehrschluss auch, dass Sie Ihrem Mitarbeiter gegenüber ein klares, erreichbares Ziel kommuniziert und ihn zur Erfüllung des Auftrages befähigt haben. Die Kontrolle des Ziels bietet Ihnen die Möglichkeit, Lob und Anerkennung auszusprechen oder Ihren Mitarbeiter über konstruktive Kritik zu einem besseren Ergebnis zu führen.

Das Arbeitsergebnis nicht zu kontrollieren lässt dann allerdings den Eindruck entstehen, dass Ihnen die Leistung des Mitarbeiters nicht wichtig ist. Ein Signal mit doppelt fataler Wirkung: Ihr Desinteresse demotiviert den Mitarbeiter in höchstem Maße, wirkt sich aber auch auf die Kollegen aus. Warum sollen die anderen Mitarbeiter Leistung erbringen, wenn das Ergebnis nicht wichtig ist?

Mitarbeiterkontrolle ist sinnvoll.

Nur wenn Führungskräfte Arbeitsziele kontrollieren, können Sie auch Feedback geben.

Akzeptiertes Kontrollverhalten beruht auf diesen sechs Verhaltensdimensionen

Die Studie „Kontrolle und Führung durch Vorgesetzte“ fragte danach, wie ein Kontrollverhalten aussieht, das Mitarbeiter akzeptieren. Dr. Philipp Romeike von der Universität Münster und Studienersteller stellte mir die Ergebnisse zur Verfügung. Die Untersuchung zeigt Handlungsoptionen für Führungskräfte auf, Kontrolle in einer von Mitarbeitern akzeptierten Form auszuüben.

 

Gerechte Behandlung

Mitarbeiter haben bei Fragen der Kontrolle ein starkes Bedürfnis nach Gerechtigkeit. Es ist ihnen wichtig, dass das Ausmaß der Kontrolle zeitlich als auch prozessual bei allen Mitarbeitern ähnlich ist. Achten Sie darauf, dass Sie bei der Beurteilung der Mitarbeiter gleiche Maßstäbe anlegen.

 

Gerechte Entlohnung

Kontrolle wird akzeptiert, wenn Sie die Mitarbeiter nach transparenten und nachvollziehbaren Faktoren vergleichen. Resultiert daraus eine differenzierte und zutreffende Entlohnung für Ihre Mitarbeiter, steigt der Akzeptanzfaktor noch weiter an.

 

Stärkung der Autonomie

Mitarbeiter brauchen Freiräume. Eigenständiges Arbeiten und Entscheiden beeinflusst die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter im positiven Sinn. Legen Sie gemeinsam mit den Mitarbeitern ihren Spielraum fest, kontrollieren Sie die Ergebnisse, tauschen Sie sich mit dem Mitarbeiter über Verfahren und Erfahrungen aus und verändern Sie gegebenfalls den Arbeitsprozess. Kontrolle, die Freiräume zulässt, wird akzeptiert; Kontrolle, die unter Druck setzt oder bevormundet, wird als störend empfunden und negativ bewertet.

 

Stärkung der Identifikation

Entwickeln Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern die Kontrollinstrumente und stärken Sie damit die Akzeptanz. Transparente und nachvollziehbare Kontrollinstanzen erhöhen die Identifikation mit den getroffenen Vereinbarungen. Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter in die Kontrollausübung ein, indem Sie zum Beispiel gemeinsame Reviewtermine festlegen oder Kontrollzeiträume planen.

 

Stärkung der Kompetenz

Kontrolle ist keine Einbahnstraße Richtung Mitarbeiter. Lassen Sie zu, dass Ihre Mitarbeiter Rückschlüsse aus Ihrem Kontrollverhalten ziehen können. Teilen Sie zum Beispiel in Einzelgesprächen Ihre Beobachtungen mit und geben Sie Ihren Mitarbeitern zeitnah und konkret Feedback. Damit zeigen Sie, wo Ihre Prioritäten im betrieblichen Kontext liegen und was Sie von Ihren Mitarbeitern erwarten. Kontrolle ist kein Selbstzweck. Sie machen dadurch Ihre Mitarbeiter besser und bauen Ihre eigene Führungsstärke aus.

 

Kein Misstrauen

Egal was Sie tun, Ihr Kontrollverhalten lässt eine positive Einstellung gegenüber Ihren Mitarbeitern erkennen. Kontrolle, die auf Misstrauen beruht, beschädigt langfristig die Beziehung zu Ihren Mitarbeitern. Machen Sie durch Ihr Verhalten klar, dass Kontrolle Teil Ihrer Führungsfunktion ist und nicht aufgrund irgendwelcher persönlicher Merkmale des Mitarbeiters geschieht.

 

Welche Verhaltensdimensionen sich besonders positiv auf Ihre Mitarbeitern auswirken:

Kontrolle durch den Vorgesetzten ist nicht per se negativ. Viel wichtiger ist es, das Sie für die Akzeptanz der Kontrolle unter Ihren Mitarbeitern werben. Die sechs Verhaltensdimensionen geben konkrete Hinweise darauf, mit welchen Handlungsoptionen dies gelingen kann. Die Studie beantwortet auch die Frage, welches Führungsverhalten am stärksten auf die Mitarbeiter wirkt.

 

Auswirkungen Fuehrungsverhalten

Die Studie zeigt, welches Führungsverhalten sich positiv auf die Mitarbeiter auswirkt und unter welchen Bedingungen Mitarbeiter Kontrolle akzeptieren können.

Wie nehmen die unterschiedlichen Generationen Kontrolle im Berufsleben wahr?

Ich habe Philipp Romeike gefragt, ob er Unterschiede zwischen den Generationen feststellen konnte. Ein  Blick in die Daten zeigte, dass diese tatsächlich existieren. Die sogenannte Generation Y (65% der Teilnehmer) zeigt eine signifikant höhere Akzeptanz des Kontrollverhaltens ihres Vorgesetzten, als die Generation X (31% der Befragten) und die Baby Boomer (3,7% der Studienteilnehmer). Kontrolle wird also von den jüngeren Arbeitnehmern, die Hierarchien, Machtdemonstration und Befehlsgewalt hinterfragen, nicht pauschal abgelehnt.

Philipp Romeike: „Das höhere Maß an Kontrollakzeptanz kann damit begründet werden, dass die Generation Y auch ein höheres Maß an Kompetenzstärkung durch die Kontrolle ihres Vorgesetzten empfindet als die älteren Mitarbeiter. Die Kompetenzstärkung des Mitarbeiters beispielsweise durch Feedback oder Erklärungen ist eine wichtige Voraussetzung, um das Kontrollverhalten des Vorgesetzten akzeptieren zu können.“

 

Folgende weitere Zusammenhänge sind hinsichtlich demografischer Faktoren zudem bemerkenswert:

  • Frauen zeigen insgesamt eine signifikant geringere Akzeptanz des Kontrollverhaltens ihres Vorgesetzten als Männer. Dies kann wieder durch die wahrgenommene Kompetenzstärkung erklärt werden: Frauen empfinden diese als signifikant geringer als Männer, bekommen also in ihrer Wahrnehmung beispielsweise weniger Feedback.
  • Ein ähnliches Muster zeigt sich zudem in Bezug auf die Zeit, welche die Mitarbeiter bereits in dem Unternehmen arbeiten. Erfahrenere Mitarbeiter berichten hier von einer signifikant geringer wahrgenommen Kompetenzstärkung. Möglicherweise glauben ihre Vorgesetzten, dass diese Mitarbeiter aufgrund ihrer Erfahrung weniger Feedback benötigen als neuere Mitarbeiter. Da gerade die Kompetenzstärkung durch Kontrolle starke Effekte auf Jobzufriedenheit, Vertrauen, Commitment etc. hat, liegt hier ein potenzielles Problem für Unternehmen, auf das sie ihre Führungskräfte sensibilisieren sollten.

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