Fairness, Leidenschaft oder Perfektion sind Werte, von denen Unternehmen profitieren. Aber auch hier gilt es, das richtige Maß zu finden. Denn jede Tugend hat zwei Seiten. Welche Werte im unternehmerischen Kontext Missverständnisse hervorrufen und damit zu Stillstand im Unternehmen führen können, habe ich hier einmal in komprimierter Form zusammengefasst.
1. Fairness ist nicht Gleichheit
Fairness kann im unternehmerischen Kontext das Vorhaben meinen, alle Mitarbeiter gleich zu belohnen. Würden sich manche Mitarbeiter dadurch nicht falsch wertgeschätzt fühlen? Ebenso problematisch ist es, wenn diese Verschmelzung von Fairness und Gleichheit Unternehmen dazu verführt, jeden Kunden gleich zu behandeln. Ist es aber nicht eine viel bessere Handlungsoption, zu akzeptieren, dass Kunden und Mitarbeiter verschieden sind und deshalb auch individuell behandelt werden möchten?
2. Leidenschaft, die Leiden schafft
Geht man seinen beruflichen Aufgaben leidenschaftlich nach, vergisst man schon einmal die Zeit, die Arbeit fällt leichter, das Ergebnis beflügelt. Allerdings ist das kein Zustand, den man auf Knopfdruck erzielen kann. Eine Lösung wäre es, zu akzeptieren, dass arbeitende Menschen phasenweise als Sachverwalter ihres Aufgabengebietes auftreten müssen. Wer immer für sein Thema brennt, hat irgendwann keinen Brennstoff mehr und geht aus. Eine andere Möglichkeit ist es, Arbeitszeiten zu flexibilisieren. So können Mitarbeiter selbstbestimmt, engagiert und zufrieden an ihre Aufgaben herangehen.
3. Perfekt sollte das Ergebnis sein, nicht der Prozess
Manche Menschen sind der Meinung, dass nur hundertprozentige Leistung in allen Arbeitsschritten ein perfektes Ergebnis bringen kann. Das sehe ich nicht so. Wer von seinem Team vollkommene Ideen, funktionsfähige Produkte oder voll durchdachte Dienstleistungen erwartet, fördert eine kreativitätsfeindliche Arbeitsatmosphäre. Tolle Ergebnisse entstehen aus dem Prinzip Trial & Error, aus steten Verbesserungen, einem sachbezogenen Austausch über Probleme oder dem teaminternen freien Assoziieren. Mitarbeiter werden sich hüten, quer zu denken, wenn sie Angst haben, durch Unvollkommenheit ihren Status zu schädigen.
4. Innovation bedeutet Unternehmenserfolg
Neue Produkte und Dienstleistungen, die echte Bedürfnisse stillen, machen Unternehmen erfolgreich. Innovationen, die nur entstehen, weil Unternehmen ihre Fähigkeiten präsentieren wollen, bleiben belanglos und können sich sogar negativ auf das Image eines Unternehmens auswirken. Erinnert sich noch jemand an Googles Datenbrille? Manchmal besteht einfach noch nicht die Notwendigkeit, ein Produkt auch zu nutzen! Fortschrittliche Unternehmen können aber auf ganz andere Weise Marktpräsenz erzeugen. Indem bestehende Ideen umfunktioniert oder neu kalibriert werden, können Produkte entstehen, die Menschen berühren. Ebay ist dafür ein gutes Beispiel. War die Plattform zunächst ein Marktplatz für Gebrauchtwaren, die meistbietend verkauft wurden, konnten später auch Neuwaren über Ebay erworben werden. Heute greift Ebay Kleinanzeigen das Prinzip regionaler Flohmärkte auf und wird als virtuelles Schwarzes Brett genutzt.
Take-home Message
Stillstand ist Rückschritt. Unternehmen brauchen für den wirtschaftlichen Erfolg Veränderung. „Heilige Kühe“ darf es nicht geben, auch wenn es Unternehmensprinzipien wie Fairness, Innovationskraft oder Leidenschaft betrifft. Vergeuden Sie Ihre kreative Kraft nicht für Erfindungen, für die keine Notwendigkeit besteht. Ersticken Sie ihr kreatives Potenzial nicht im Drang zur Perfektion. Setzen Sie Ihre Energie gezielt ein und finden Sie persönliches Glück bei der Arbeit. Seien Sie fair, aber behandeln Sie nicht jeden gleich.