Was bewegt die Manager der Generation Y?

Wer früher Karriere machen wollte, war vor allem an einem hohen Gehalt und einer sicheren Position im Unternehmen interessiert. Der Job stand über allem. In einer kürzlich von dem Beratungsunternehmen Odgers Berndtson veröffentlichten groß angelegten Studie, dem Manager- Barometer 2012, kam heraus, dass die nachrückende Generation der jungen Führungskräfte jedoch anders tickt. Karriere machen allein wird nicht (mehr?) als Garant für berufliche Erfüllung gesehen, sondern abwechslungsreiche Inhalte sind für sie von zentraler Bedeutung. Das Selbstbewusstsein steigt – die Bereitschaft (Führungs-)Verantwortung zu übernehmen ist jedoch rückläufig. Im Mittelpunkt der Generation Y – Manager um die 30 steht vielmehr die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, berufsbedingte Ortswechsel werden nicht (mehr?) leichtfertig in Kauf genommen. Die Work-Life-Balance allgemein hat einen hohen Stellenwert.

 

Für die PE-Abteilungen setzt damit ein Umdenken ein: In manchen Unternehmen werden flexiblere Arbeitszeiten eingeführt, teamübergreifendes Arbeiten ermöglicht und die Anwesenheitskultur gelockert.

 

Doch die grundsätzliche Frage bleibt ungelöst: Wenn Positionen in der Führungsebene früher alleine schon wegen monetärer Anreize und Incentives interessant waren, was kann sie dann für die heutige Generation reizvoller machen? Für jene, für die ja nach den jüngsten Erkenntnissen vor allem zählt sich selbst zu verwirklichen. Wie kann man die weltgewandten und offenen jungen Mitarbeiter wieder dazu bewegen auch Verantwortung zu übernehmen und sich trotz der permanenten medialen Reize auch einmal nur auf eine Sache zu konzentrieren? Und schließt es sich tatsächlich aus, dass man Führungskraft ist und gleichzeitig inhaltlich das tut, was einen interessiert …?

Wie wir lernen werden

Wenn ich morgens meinen Rechner starte, werfe ich zuerst einen Blick in meine E-Mail-Postfächer, die privaten und die beruflichen. Ich bin ein bekennender Newsletter-Junkie, habe verschiedene Abonnements im Hintergrund laufen, so dass sich hier auch über Nacht etwas ansammelt. Schnell werden Nachrichten überflogen, in Aufgaben oder Kalendereinträge umgewandelt, werden Freundschaftsanfragen geprüft und meist bestätigt, einige Links verfolgt und vieles gelöscht.

 

Dann geht es zu den Netzwerken, vor allem Facebook und Twitter. Facebook ist in der Regel schnell erledigt, da meine 180 Friends vor allem aus dem beruflichen Umfeld stammen und die Nacht meist zur Regeneration nutzen. Twitter ist lebendiger, und ich versuche, nirgends hängen zu bleiben. Ich checke also die verschiedenen Spalten in Tweetdeck, in denen für mich die Tweets nach aktuellen Suchbegriffen und weiteren Kriterien sortiert werden. Inzwischen hat sich auch Google Plus im Hintergrund gemeldet, wo ich seit einigen Wochen versuche, eine Community für Learning Professionals auf dem Laufenden zu halten. Für Yammer, das Netzwerk, das wir selbst in unserer Agentur nutzen, reicht mir die wöchentliche Zusammenfassung.

 

Dann starte ich meinen Newsreader, um zu schauen, was sich in den von mir abonnierten Blogs getan hat. Jetzt wird quer gelesen, Dinge für später markiert und immer wieder interessante Links in Diigo, einem Bookmarking-Tool festgehalten oder ausgedruckt, um sie später zu lesen. Nach etwa einer Stunde endet meine morgendliche Lektüre. Die genannten Quellen suche ich noch einige Male im Laufe des Tages auf – Tweetdeck z.B. läuft immer im Hintergrund – und viele Anfragen, Alerts und Nachrichten werden sowieso automatisch in meinen E-Mail-Postkorb weitergeleitet. Selbstredend, dass ich im Laufe des Tages die Endgeräte munter wechsele, vom Notebook, zum Smartphone und Tablet, und wieder zurück.

 

Aber das ist natürlich nur die eine Seite, wenn man die Möglichkeiten der Vernetzung wirklich ausschöpfen will. Denn wahrgenommen wird man erst, wenn man aktiv teilnimmt. Deshalb versuche ich, täglich etwas in meinem Blog und auf der Google Plus-Community festzuhalten, stelle z.B. meine Slides auf Slideshare, einer offenen Online-Plattform für Präsentationen, und twittere regelmäßig. Und ich leite auch immer wieder Links direkt an Kollegen weiter, von denen ich weiß, dass sie die sozialen Netzwerke weniger intensiv nutzen. Erst dieses Geben und Nehmen, über viele Jahre praktiziert, ermöglicht es mir heute, direkte Anfragen an die Community oder Einzelne zu stellen und auf schnelle Antworten hoffen zu dürfen. 

 

Die Routinen, die ich hier geschildert habe, sind natürlich eingerahmt von den Projekten, an denen ich gerade arbeite. Sie lenken meinen Blick auf bestimmte Stichworte und Quellen, und sie sorgen dafür, dass die Lektüre nicht beliebig oder zufällig wird. Aber die Vernetzung, die ich hier andeutungsweise geschildert habe, geht natürlich weiter, hat längst in mein Verständnis von Arbeitszeit und Freizeit eingegriffen und eine Vielzahl von „weak ties“, also lose Beziehungen zu Freunden von Freunden, entstehen lassen, die ich heute nicht mehr missen möchte.

 

Wenn ich in Workshops oder auf Konferenzen präsentiere, dann fehlt häufig die Zeit, um diese persönlichen Erfahrungen ausführlich zu schildern. Zuhörer wollen auch wissen, was die neuen technischen Möglichkeiten für die Bildungs- und Lernprozesse bedeuten, die sie selbst managen müssen. Also erzähle ich von neuen Lernumgebungen, in denen formale Bildungsprozesse und informelles Lernen verschmelzen. Ich stelle Lernszenarien vor, die man ohne großen Aufwand zu lebendigen Communities erweitern kann. Wir hinterfragen die Net Generation, den Wissensarbeiter und sein persönliches Wissensmanagement. Wir diskutieren Lernkulturen, die noch nicht da sind, und Medienkompetenzen, die schmerzlich vermisst werden. Und deshalb weise ich am Ende meistens darauf hin, dass es nicht viel braucht, um am nächsten Morgen selbst mit dem neuen Lernen zu starten. 

 

Über den Autor:

Jochen RobesJochen Robes ist Bildungsberater mit den Schwerpunkten Human Resources/ Corporate Learning und Spezialist für e-Learning, Knowledge Management und Social Media. Seit zehn Jahren betreibt er mit täglichen Beiträgen den Weiterbildungsblog. Für den Weiterbildungsblog bekam er auf der LEARNTEC 2006 den “European E-Learning Award” (eureleA) verliehen. Die Redaktion der Zeitschrift wirtschaft + weiterbildung kürte Jochen Robes im Mai 2008 zum “wichtigsten Bildungs-Blogger Deutschlands”. Jochen Robes ist jedes Jahr Sprecher auf Konferenzen wie z.B. der CeBIT, LEARNTEC und KnowTech. Er publiziert regelmäßig in Fachmagazinen und -publikationen (hier eine Übersicht). Er hält darüber hinaus Lehraufträge an Fachhochschulen und Universitäten. Einen Essay von Herrn Robes, der in die Wissenstrategien von drei Experten einführt, finden Sie hier: Persönliches Wissensmanagement in Zeiten des vernetzten Arbeitens

 

Bildnachweis: © Anna L. Schiller / flickr.com