Resilienz als Zukunftskompetenz

Um in einer zunehmend krisenhaften (Wirtschafts-)Welt nicht nur zu bestehen und durchzuhalten, sondern ein erfülltes Leben zu führen, scheint ein hoher Resilienz-Faktor unverzichtbar zu sein. Damit ist hier aber nicht einfach nur Widerstandsfähigkeit gemeint. Es geht vielmehr um die Fähigkeit, an Krisen innerlich zu wachsen und verändert aus ihnen hervorzugehen. Als Trainerin, Autorin und Business Coach bin ich seit vielen Jahren mit dem Thema Resilienz befasst. Oder anders formuliert mit den Fragen: Wie kommen Menschen gut durch schwierige Zeiten? Was hilft ihnen dabei?

Eine wichtige Kraftquelle ist eine lösungsorientierte Grundhaltung. Mit diesem Blog-Beitrag möchte ich ein Kapitel meines Buches „Krisen annehmen und daran wachsen. Resilienz Hacks und Impulse fürs Selbstcoaching“ mit Ihnen teilen:

 

Dimension 2: Lösungsorientierung

Die innere Haltung, dass Probleme prinzipiell bewältigbar sind

 

 „Wer etwas will, sucht Wege. Wer etwas nicht will, sucht Gründe.“

Monika Gruhl

 

Lösungsorientierung ist das Gegenteil von Problemorientierung. Diese innere Haltung bezieht sich darauf, wie wir einer schwierigen Situation oder einem Problem begegnen. Mit einer lösungsorientierten Grundhaltung lassen wir uns von einem Problem nicht erdrücken, sondern es gelingt uns einen gewissen Abstand zum Problem herzustellen. Der bekannte Begründer der lösungsorientierten Kurzzeittherapie Steve de Shazer sagte dazu: „Probleme sind Probleme, weil sie aufrechterhalten werden. Sie werden einfach dadurch zusammengehalten, dass man sie als Probleme beschreibt.“1 Es geht darum, sich auch in solchen Situationen die eigenen Ziele bewusst zu machen und über verschiedene Möglichkeiten nachzudenken, wie sich diese erreichen lassen. Krisenzeiten oder besonders schwierige Situationen zeichnen sich dadurch aus, dass bewährte Strategien, Routinen und Gewohnheiten plötzlich nicht mehr funktionieren. Wenn wir dann wie das Kaninchen auf die Schlange starren und unsere Gedanken nur darum kreisen, warum das jetzt nicht funktioniert, geraten wir in eine Problemhypnose und verstärken das Problem damit zusätzlich.

 

„Manchmal müssen wir einsehen, dass unter den gegebenen Umständen eine Lösung eines Problems nicht möglich ist. Fragen wir uns dann doch einmal, unter welchen Umständen denn eine Lösung möglich wäre, und schaffen wir diese Umstände.“

Kurt Tepperwein

 

Und gerade dann geht es darum neue, kreative Problemlösungsstrategien zu entwickeln. Wenn wir den Blick nach vorne richten, uns mit unseren Zielen beschäftigen und über Lösungen nachdenken, tritt das gedankliche Kreisen um das Problem in den Hintergrund und es werden andere neuronale Netzwerke aktiviert. Wenn wir uns also ausführlich mit Lösungen beschäftigen und uns diese bildhaft vorstellen, entwickeln wir neue Perspektiven und Handlungsspielräume. Was braucht es für eine lösungsorientierte Einstellung? „Im Allgemeinen erfordern Lösungen einfach, dass jemand etwas anders macht oder anders sieht, was zu einer größeren Zufriedenheit führt.“2

 

Daran erkennen Sie fehlende Lösungsorientierung:

Wenn Menschen eine stark problemorientierte Sichtweise haben, denken sie häufig daran, was alles nicht funktioniert und warum das so ist. „Das geht nicht, weil….“

Eingefahrene Überzeugungen im Sinne von „So bin ich eben und ich war schon immer so.“ „Das bringt doch alles nichts.“ „Das haben wir früher schon versucht.“ „Bei uns funktioniert das nicht.“

Daran glauben, dass es nur die eine optimale Lösung gibt, die keine Nachteile beinhaltet.

Fehlende Kreativität und zu frühes Bewerten von verschiedenen Ideen zur Lösung.

 

Impulse zur Reflexion:

Wie reagieren Sie, wenn Sie mit schwierigen Situationen konfrontiert sind?

Denken Sie länger über die Ursachen nach und suchen Schuldige?

Mit welchen Lösungsstrategien haben Sie gute Erfahrungen gemacht?

Wie leicht fällt es Ihnen, quer zu denken und auch sehr ungewöhnlichen Ideen nachzugehen?

Nur einmal angenommen, es würde eines Nachts, während Sie schlafen, ein Wunder geschehen und Ihr Problem wäre gelöst. Wie würden Sie das merken? Was wäre anders? Wie werden andere Menschen davon erfahren, ohne dass Sie ein Wort darüber sagen?

 

„Nicht gegen sondern für etwas zu sein, verdeutlicht den Weg zur Lösung.“

Else Pannek

 

Ideen, um die Dimension Lösungsorientierung zu stärken

Wenn Ihnen eine Situation besonders ausweglos erscheint, dann fragen Sie verschiedene Personen aus Ihrem Umfeld: „Was würdest Du jetzt an meiner Stelle tun?“

Entwickeln Sie gedanklich verschiedene Möglichkeiten und Optionen und denken Sie über die Kombination dieser Möglichkeiten nach – im Sinne von „sowohl als auch“.

Irgendwas geht immer. Verwenden Sie in Gedanken den hypothetischen Als-ob-Rahmen. Nur einmal angenommen, es gäbe eine Lösung, wie könnte diese aussehen?

Fragen Sie sich in einer schwierigen Situation: „Was genau würde mir jetzt helfen, um die Situation in diesem Moment zu verbessern?“

Stellen Sie sich folgende Frage: „Welche Ideen habe ich, die mich einer Lösung ein kleines Stückchen näherbringen?“

 

Hilfreiche Einstellungen:

Die Lösung lauert überall.

Ich konzentriere mich auf das, was funktioniert, und gehe lösungsorientiert an die Herausforderungen des Lebens heran.

Ich darf auch improvisieren und nach kurzfristigen, vorübergehenden Lösungen suchen.

 

Transfer in den Alltag:

Was haben Sie bisher schon getan, um eine lösungsorientierte Haltung zu entwickeln?
Welche der oben genannten Ideen und Impulse sind neu für Sie?
Was davon möchten Sie ausprobieren und in Ihren Alltag integrieren?

 

Heidrun Vössing, Trainerin im Auftrag des ime„Krisen annehmen und daran wachsen. Resilienz Hacks und Impulse fürs Selbstcoaching“ zeigt sie Wege zur Stärkung der persönlichen Widerstandskraft auf. Das Arbeitsbuch gibt den Leser:innen viele Tipps und Empfehlungen, wie es gelingen kann, in schwierigen Situationen nicht zu verzagen, sondern die eigene Entwicklung selbstbestimmt in die Hand zu nehmen und bewusst zu steuern.

 

Seminare mit Heidrun Vössing im November:

Resilienztraining
17. – 18.11.2022 in Berlin

Leading myself
10. – 11.11.2022 in Berlin

Positive Leadership
29. – 30.11.2022 in Köln

Die eigene Persönlichkeit stärken
14. – 15.11.2022 in Berlin

 

 

Business-Schauspiel – Lernen durch Erleben

Ein Erfahrungsbericht unserer Kooperationspartnerin Annelena Balke, Trainerin

Könnte man in den Kopf seines Gesprächspartners gucken, so würde man sich häufig wundern:

 

„Ach, der Müller, der redet immer so viel… was der wieder will… da hör ich doch gar nicht mehr richtig zu….Seit der Führungskraft ist denkt der, er weiß alles besser. Aber ich muss nur still halten, der kriegt sich schon wieder ein.“

oder:

„Das ist eine Unverschämtheit! Ich zahle hier Geld, also erwarte ich auch eine Lösung für mein Problem!“

 

Welches Training eignet sich am besten, um Mitarbeitende und Führungskräfte, meine Kollegen auf die Praxis vorzubereiten? Welches ist am effektivsten? Welches am nachhaltigsten?

Schon lange ist sich die Forschung einig, am besten lernen wir über das Erleben. Sie geht sogar noch weiter: Menschen lernen nur über das Erleben. Also über das Handeln.

Viele Trainings setzen dieses Wissen schon in die Praxis um und haben Rollenspiele o.ä. in ihrem Methodenkoffer. Rollenspiele sind jedoch bei vielen ein unliebsames Tool, so ist es doch unangenehm, wenn mein Kollege mir in einer anderen Rolle gegenübersitzt und ein weiterer Kollege mir Feedback geben soll. Nur wenige Personen fühlen sich damit wohl in ihrer Haut, die gespielte Situation wird oft unbewusst so geändert, dass es für niemanden allzu weh tut – aber eben auch niemandem hilft.

Anders, wenn ein professioneller Business-Schauspieler die Szene übernimmt.

Dieser schlüpft in die Rolle des Gesprächspartners und kann sehr genau umsetzen, was er zuvor über die Beteiligten und über die Situation erfahren hat. Er scheut sich nicht, auch unangenehme Gefühle und Reaktionen darzustellen und dabei in der Rolle zu bleiben. Dadurch wird die gespielte Situation sehr authentisch.

Das Training mit einem Business-Schauspieler wird immer durch einen Trainer begleitet, der durch das gesamte Training führt und die Sicht von außen behält. Der Business-Schauspieler kann sich somit ganz in seine Rolle und die Situation mit dem Mitarbeiter – im Folgenden Coachee genannt – vertiefen. Ein solcher Trainingsprozess verläuft in vier Schritten. 

 

  1. Gesprächsanalyse

Bevor es in die Simulation geht, wird die Situation im Detail besprochen. Was ist der Anlass für das Gespräch? Was ist das Ziel? Was ist bereits im Vorfeld gelaufen? Wie genau agiert das Gegenüber (besonders die als schwierig empfundenen Verhaltensweisen!). Hier geht es ins Detail… Welche Körperhaltung nimmt er ein? Welche Stimme? Welche Energie? Welche Emotion? Spricht er viel oder wenig? Unterbricht er? Hält er Blickkontakt? Was sind typische Sätze?

Über diese Fragen wird sowohl das Gegenüber als auch die Situation sehr präzise analysiert und alle Beteiligten sind optimal auf die Simulation vorbereitet.

 

  1. Simulation

Durch die genaue Wiedergabe des Gesprächs entstehen – wie in der echten Gesprächssituation – Triggerpunkte: Der Körper reagiert auf den Stress, den man in dieser Situation empfindet und man agiert im Autopilot. Die typischen Verhaltensweisen werden sichtbar und können nun gespiegelt werden. Sätze wie „Oh je, genau so läuft unser Gespräch.“ oder „Retten Sie mich, ich komme hier nicht weiter.“ sind typisch.

Die Simulation läuft ca. 5 – 10 Minuten. Beide Gesprächspartner sind voll und ganz in ihrer Kommunikation versunken und vergessen meist das Team, das außen sitzt und beobachtet. Fast wie im echten Theater.

 

  1. Reflexion

Die erste Frage an den Coachee ist: „Haben Sie Ihr Ziel erreicht?“ Dieser fühlt seine Antwort mehr, als das er sie denkt. Es öffnet sich eine Tür, eine neue Möglichkeit wird spürbar. Er ahnt, dass sein altes Verhalten durch ein anderes, sinnvolleres ersetzt werden kann. Er steigt aus dem Autopilot-Modus aus. Sätze wie „Ja, ich habe gemerkt, dass ich Sie an dieser Stelle verloren habe…. Das ich so nicht weiter komme…“ markieren dieses Umdenken.

Das erste Feedback kommt direkt aus der Wahrnehmung des Schauspielers in der Rolle des Gesprächspartners:  An welcher Stelle habe ich mein Gegenüber nicht ernst genommen, nicht gehört, wo habe ich seine Rolle nicht anerkannt, wo war ich im Statuskampf? Auch werden die positiven Verhaltensweisen zurückgespiegelt und benannt. Sie werden dadurch bewusst gemacht und verstärkt. Durch diese Innenansicht bekommen wir die Möglichkeit, nach Alternativen und Lösungen zu forschen. Manchmal ist es genau ein Satz, ein Blick, die Körperhaltung, die fehlende Pause nach der Frage.

Das zweite Feedback kommt aus der Außenperspektive: Der Trainer, der beobachtet, ebenso wie die Gruppe sehen aus der Position von außen andere Aspekte. Auch dies ist wichtiger Bestandteil. So wird das Bild rund und blinde Flecken werden sichtbar.

 

  1. Ergebnis

Durch diese Selbstwahrnehmung und das ausführliche und sehr detaillierte Feedback bekommt der Coachee die einzigartige Möglichkeit, sein Verhalten nicht nur kognitiv sondern auch im Erleben zu reflektieren. Dies ist eine sehr effektive Lernerfahrung, die die eigene Selbstwirksamkeit spüren lässt: Ich bin der Situation nicht länger hilflos ausgeliefert, sondern ich bin in der Lage, sie aktiv zu gestalten. 

Durch die Erlebnisorientierung erfolgt das Lernen viel schneller und nachhaltiger. Es gibt oft diesen Aha-Moment: Du sprichst nicht länger über etwas, du bist mittendrin.

 

Es geht darum, die Erfahrung zu machen, dass man jede Kommunikation stark beeinflussen kann. Wenn man sich seiner Signale bewusst ist und wahrnimmt, was man selbst und auch das Gegenüber sendet, begreift man, dass man Kommunikation gestalten und modulieren, also steuern kann.

 

Das Feedback der Kunden spiegelt diesen Lernerfolg wider:

„Diese Methode kommt sehr schnell und ohne Umwege an die wesentlichen Punkte.“

und

„Als ich Rollenspiel gehört habe hatte ich gar keine Lust – aber dieses Training hat viel mehr gebracht als jedes Kommunikationsseminar.“

 

Autorin: Annelena Balke

 

 

 

 

 

*Für die bessere Lesbarkeit, verzichten wir bei diesem Artikel auf das Gendern. Wir sprechen natürlich alle Personen an.