Co-Working Spaces verbinden die Vorzüge von digitaler und analoger Arbeitswelt

Mit einer Slackline, die von der Baumspitze einer Berliner Eiche in 10 m Länge auf den Boden gezogen wurde, fing alles an. Im Rahmen einer Designvorstellung im Jahr 2008 sollten den Besuchern damit improvisierte W-Lan Arbeitsplätze unter freiem Himmel angeboten werden – entstanden ist nach diesem erfolgreichen Tag der erste „Co-Working Space“ in Berlin. Vier Jahre sind nun seit der Gründung des Berliner Betahauses vergangen. Der Name ist Programm: Abgeleitet aus der Software-Entwicklung (Beta-Version) steht er für einen Prozess mit offenem Ende. Das Betahaus ist der Prototyp der „Coworking Spaces“ und bietet vor allem Freiberuflern, aber auch PR-Leuten, Produktentwicklern, Projektmanagern, Softwareentwicklern und Unternehmensberatern die Möglichkeit Schreibtische oder gar Büros zu mieten und projektübergreifende Kontakte zu anderen Wissensarbeitern zu knüpfen.

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Betahaus Berlin (Stefano Borghi)

 

Madeleine Gummer v. Mohl, Mitgründerin des Betahauses: 

„Seit 2009 engagieren wir uns im betahaus dafür, die Startup und Freelancer Szene in Berlin weiterzuentwickeln. Unser Ziel ist es das Silicon Valley Europas zu werden! Ich weiss, das ist ein sehr ehrgeiziges Ziel! Aber Berlin ist bereits auf dem besten Weg dahin. Es ist so inspirierend zu sehen, was sich in den letzten 5 Jahren hier entwickelt hat! Jetzt müssen nur noch die Business Angel und VCs etwas risikobereiter werden! Startups und grandiose Ideen gibt es genug! Berlin kann inzwischen locker mit den anderen Startup Metropolen in Europa mithalten. Jedes Wochenende findet ein Startup Pitch statt. Und das Schöne daran ist – Berlin bleibt trotzdem wild, laut, dreckig und so sympathisch!“

 

In einem Rundgang durch das Betahaus in Berlin erzählt Sie eindrücklich vom bunten, mitunter auch internationalen Aufeinandertreffen von Teams und projektbezogenem Arbeiten – und auch warum das Arbeiten hier nicht nur (!) für Freiberufler und Startups interessant ist:

 

Gerade auch Unternehmen, die von einer schwerfälligen Konzernkultur geprägt sind oder Alternativen zum klassischen Homeoffice suchen, profitieren von der Idee der Coworking Spaces, findet Udo-Ernst Haner im Interview mit managerSeminare 10/2013 (Heft 187): „Zu Hause ist für den Wissensarbeiter ein Ort sozialer Isolation. Jeder Heimarbeiter ist mit sich allein. Er hat kein Feedback, keine Ansprache, keine Akquisitionsanlässe in seinem Umfeld. Coworking bietet im Vergleich zum Arbeitsplatz am Esstisch eine deutliche Aufwertung. Anders als Zuhause ist hier jeder in eine geregelte Arbeitssituation eingebunden.“ Arbeitnehmer stehen in Kontakt zu anderen Berufstätigen und knüpfen überfachliche Beziehungen.

Role-Away-Arbeitsplätze im Betahaus (Stefano Borghi)

Role-Away-Arbeitsplätze im Betahaus (Stefano Borghi)

 

Coworking Spaces spiegeln schon heute die Bedürfnisse der mobilen Arbeitswelt von morgen wieder und werden allen sogenannten Wissensarbeitern (ob nun angestellt oder nicht) in vielerlei Hinsicht gerecht. Es ist auch ein Modell für kleinere Firmen, die ihren Haupsitz auf dem Land haben aber auch für Mitarbeiter in den größeren Städten anziehend sein wollen: Pendlern, die sich in ein Co-Working Space in den Ballungsgebieten einmieten, bieten sie damit kurze Arbeitswege! Aber auch Großunternehmen wie TUI, Telekom oder Zalando schicken Ihre Mitarbeiter hin und wieder gern in diese Umgebung, in der automatisch interdisziplinäre Vernetzung stattfindet. Mit den sich ergänzenden Fähigkeiten entstehen originelle Ideen, die an dem gewohnten Arbeitsplatz gar nicht entstanden wären.

 

Zuletzt noch eine Reportage von 3 sat  zum Betahaus als Nest der „Digital Natives“:

Fehlzeiten-Report: Suchtkrankheiten nehmen zu

Der jüngste Tatort aus Erfurt machte es zum Thema: Gehirndoping mit leistungssteigernden Medikamenten unter Studenten, die dem hohen Leistungsdruck der straffen Bachelor- und Masterstudiengänge standhalten wollen. Der Tatort als Seismograf gesellschaftlicher Schwingungen? In diesem Falle ja.

Alarmierende Zahlen dazu liefert der aktuelle Fehlzeitenreport 2013, herausgegeben vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO), der Universität Bielefeld und der Beuth Hochschule für Technik Berlin. Mit jährlich wechselndem Schwerpunktthema informiert der Fehlzeitenreport über die Krankenstandsentwicklung in der deutschen Wirtschaft. In den letzten 10 Jahren ist die Anzahl der Krankheitstage um 17% gestiegen. In diesem Jahr rückt der Report das Thema Suchtkrankheiten in den Fokus:

Fehlzeiten-Report 2013. Verdammt zum Erfolg – die süchtige Arbeitsgesellschaft
Springer-Verlag GmbH, Berlin Heidelberg 2013

In der Verlagsankündigung heißt es:
Suchtprobleme durch den Konsum von Alkohol, Medikamenten, Nikotin oder illegalen Drogen spielen in der Arbeitswelt eine größere Rolle als oft angenommen. Man geht davon aus, dass bis zu 10 Prozent aller Beschäftigten Suchtmittel in missbräuchlicher Weise konsumieren – vor allem Alkohol oder Medikamente. Experten erwarten, dass auch die Bedeutung von „neuen“ Süchten wie Medien- oder Arbeitssucht deutlich zunehmen wird. Überdies werden in einer entgrenzten und flexiblen Arbeitswelt Beschäftigte zunehmend mit steigenden Leistungserwartungen konfrontiert und der Druck wächst, die geistige Leistungsfähigkeit auf hohem Niveau zu halten oder sogar noch stetig zu steigern. Neuro-Enhancement, die missbräuchliche Einnahme von leistungssteigernden Substanzen – sogenanntes Hirndoping –, verspricht vermeintlich Abhilfe, Nebenwirkungen inklusive.“

Neben umfangreichen Daten und Fakten aus einzelnen Branchen bietet der Report Lösungsansätze für alle, die im Unternehmen für Arbeitsschutz und Gesundheit verantwortlich sind. Wie geht man im Unternehmen mit dem Thema Sucht kompetent um und wie schafft man eine gesundheitsfördernde Arbeitsatmosphäre?

„Sicherlich ist die Art und Weise, wie wir arbeiten und wie wir Arbeit organisieren, ein Auslöser, zumindest aber Mitverursacher von Suchterkrankungen: Leistungs- und Erfolgsdruck, Arbeitsverdichtung, Erwartungen an Schnelligkeit und Dauererreichbarkeit treiben, so unsere Ausgangsannahme, vielen Menschen in ungesunde Bewältigungsmechanismen, die in einer Sucht enden können.“
Prof. Dr. A. Ducki, Fehlzeiten-Report, S. 3

Hier sind Führungskräfte und jeder Einzelne gefragt, auch bei hohem Leistungsdruck, der sicherlich nicht immer vermeidbar ist, die psychischen Belastungen gering zu halten und achtsam das eigene Verhalten und das der Mitarbeiter im Blick zu behalten.

Der Bericht liefert viele praxisnahe Hinweise, wie Unternehmen durch Aufklärung, betriebliche Gesundheitsförderung und eine gesundheitsorientierte, motivierende Führung zur Prävention ernsthafter Erkrankungen beitragen können – sinnvolle Investitionen in das Sozialkapital jedes Unternehmens.

Interessant in diesem Zusammenhang auch der Fehlzeiten-Report  2011 mit dem Schwerpunktthema Führung und Gesundheit.