Was Führungskräfte von der Formel 1 lernen können

Am letzten Rennwochenende in Spa ist passiert, wovor sich die Teamverantwortlichen des Mercedes-Rennstalls die ganze Zeit gefürchtet haben. Schon länger scheint klar, dass die Silberpfeile die schnellsten Wagen im Feld sind und Lewis Hamilton sowie Nico Rosberg sich nur selbst schlagen können. In Belgien eskalierte das Duell und Rosberg beschädigte bei einem Überholmanöver den Wagen seines Teamkollegen so, dass dieser das Auto vor der Zieldurchfahrt am Streckenrand abstellte.

 

Was war passiert?

Die Mercedes-Strategen waren sich der brisanten Situation schon länger bewusst und legten im Winter teamintern den Fahrplan für die Saison fest. Sollten in einem Rennen Entscheidungen zu treffen sein, die das Klassement betrafen, würden beide Fahrer auf die im Teamfunk durchgegebene Strategie hören und zum Wohle des gesamten Teams eigene Interessen zurückstellen. Beim Rennen in Budapest wurde diese Absprache auf die Probe gestellt. Der Gesamtführende Nico Rosberg lag wenige Runden vor Rennschluss hinter seinem Teamkollegen auf Rang Zwei und hätte die Führung im Gesamtklassement mit einem Sieg weiter ausbauen können. In der Mercedes-Box sah man die Situtation ähnlich und über den Teamfunk wurde die Order ausgesprochen, dass Hamilton Rosberg vorbeilassen solle. Dieser fühlte sich an die Weisung nicht gebunden und gab den Platz an der Spitze bis zum Schwenken der Zielflagge nicht ab.

 

Die Situation aus Sicht der Fahrer

Für Rosberg muss die Weigerung des Teamkollegen der Order zu folgen, einen Bruch der zuvor getroffenen Absprachen darstellen. Weder Technikchef Lowe noch Sportchef Wolff, die den Kompromiss mit den Fahrern zu Beginn der Rennsaison geschlossen hatten, verliehen der Aussage Nachdruck. Für Hamilton war dies das Zeichen, dass sein Handeln keine Konsequenzen nach sich ziehen würde.

 

Neuer Pakt, mehr Transparenz?

Rosberg brachte nach Rennende sein Unverständnis über die Situation zum Ausdruck und Fahrer, Technik- und Sportchef modifizierten in einer ersten Teamaussprache die Absprache vom Jahresanfang. Ergebnis: Beide Fahrer haben freie Fahrt bis Paddy Lowe am Funk eine Order erlässt.

 

Hamilton, der sich nach dem Rennverlauf von Spa als Verlierer fühlen dürfte, erhebt nun Vorwürfe gegen Rosberg, den Crash vom Sonntag provoziert zu haben. Auch die Teamchefs äußerten Unverständnis über die Aktion des Deutschen. Und sonst: Rosberg führt im Gesamtklassement weiterhin mit 29 Punkten vor Hamilton. Ein dritter Pilot befindet sich durch die teaminternen Querelen allerdings in Schlagdistanz und kann den sicher geglaubten Gesamtsieg eines Mercedes-Piloten noch gefährden.

 

Ist die derzeitige Situation das Resultat einer Führungsschwäche?

Die Welt ist komplex und so zeigt sich in diesem gewählten Beispiel, dass es für bestimmte Sachverhalte mehr als eine richtige Lösung gibt. Aus der Perspektive des einzelnen Fahrers kann dies nur der Gewinn des Weltmeistertitels sein. Aus Sicht des Teams ist es die Konstrukteurswertung und der Doppelsieg im Gesamtklassement.
Im Sport wie auch in Unternehmen treffen Persönlichkeiten mit individuellen Interessen aufeinander. Diese hinter einem gemeinsamen Ziel zu versammeln, muss das Ziel des Führungspersonals sein. Wenn Mitarbeiter und Chef darüber diskutieren, welche Entscheidungen „richtig“ sind, haben beide Parteien schon verloren.

 

Nach Klaus Eidenschink äußert sich gute Führung, wenn im Tagesgeschäft angesichts vieler richtiger Möglichkeiten Einigkeit erzielt und diese auch bewahrt wird, wenn es darum geht, die Nachteile der gewählten Alternative gemeinsam zu tragen. Führung ist also notwendig, wenn Sachkonflikte nicht argumentativ zu lösen sind und eine Befriedung der Interessen nur durch Zwang zu erwarten ist. Für ein Gelingen vergleichbarer Situationen braucht es Menschen,

  • die demütig genug sind, Entscheidungen zu gestalten, die sie anders entschieden hätten,
  • die eine getroffene Vereinbarung nicht anzweifeln, wenn sich die negativen Seiten derselben zeigen,
  • die über die Kompetenz verfügen, sich einzufügen.

 

Unter Beachtung dieser Prämisse kann das Führungsverhalten der Mercedes-Granden als misslungen bezeichnet werden. Eine Führungssituation, in der die Leitungsebene die Handlungsrichtung vorgibt und die Untergebenen lediglich folgen sollen, lässt erst Situationen entstehen, aus der alle Beteiligten als Verlierer herausgehen. Situationen wie diese können nur aufgelöst werden, wenn Personalentwicklungsprogramme darauf vorbereiten, dass alle im Projekt versammelten Menschen gleichermaßen Führung übernehmen als auch Führung zulassen können. Dies scheint in der vorliegenden Angelegenheit nicht der Fall zu sein.

 

Ein Lösungsansatz könnte folgendermaßen aussehen: Mercedes schafft ein Umfeld, in dem

  1. das Verhältnis von Widerspruch und Gehorsam ausbalanciert wird,
  2. ein Klima entsteht, in dem alle Beteiligten eigene Interessen zurückstellen und fremde Erwartungen erfüllen können, ohne das Gesicht zu verlieren,
  3. Menschen bereit sind, Führung zu übernehmen als auch Führung zuzulassen.

Wie führen SIE eigentlich?

Am liebsten gut – aber wann ist Führung gut und woran merken Sie das? Im folgenden Gastbeitrag von Marcus Stobbe erfahren Sie, welche Führungsstile man unterscheiden kann. Welche Vor- und Nachteile sich daraus ergeben und wie Sie Ihren eigenen Führungsstil erkennen können.

 

In Ihrer Position als Führungskraft gibt es natürlich Themen und Aufgaben, die Sie alleine durchdenken und managen. Bei der folgenden Betrachtung bleiben diese aber außen vor. Für die Selbstreflexion sind nur die Situationen interessant, in denen Sie mit Ihren Mitarbeitern interagieren.

 

Einfach mal laufen lassen …

Ist es bei Ihnen so, dass Sie quasi Ihr bester Sachbearbeiter sind oder einen eigenen Kundenkreis haben, um den Sie sich kümmern? Oder sind Sie z.B. Teamleiter für ein Außendienst-Team, welches sich alle 2-4 Wochen in einem Meeting austauscht? In den meisten Fällen agieren Sie, wenn ein Mitarbeiter sich bei Ihnen meldet oder durch eine Verschiebung von Planungen Mitarbeiter informiert oder um Mehrarbeit gefragt werden? Dieses reaktive Verhalten ist auch bekannt als Laissez-faire-Stil. Es hat für das Unternehmen den Vorteil, dass Sie an dieser Stelle Themen managen. Nachteilig wirkt sich aus, dass Sie manchmal gar nicht wissen, wie Ihre Leute vor Ort arbeiten, was ihre Schwächen sind und wie Sie persönlich helfen können, diese zu beheben.

 

Wer das Ziel kennt, kann entscheiden …

In ihrem Unternehmen wird über Kennzahlen geführt? Es ist Ihre Aufgabe, diese zu definieren, zu kontrollieren und den Mitarbeitern Feedback über den Status Quo zu geben, Aktionen einzufordern oder zu planen? Diese Form der Führung setzt verstärkt auf das Moment der Kontrolle. Allerdings klären Zielvereinbarungen, welche Erwartungen an den Mitarbeiter gestellt und welche Konsequenzen folgen, wenn diese erfüllt oder nicht erfüllt werden. Vorsicht ist geboten, wenn bei Mitarbeitern das Gefühl entsteht: „wir schaffen und die da oben …“. Für den Teamleiter ist diese Zwitterposition schwer, denn häufig werden Ziele nicht vereinbart, sondern top – down vorgegeben. Die Grundidee von Unternehmen, die so agieren, stammt aus der Lernpsychologie: Wünschenswertes Verhalten wird bspw. über Geldboni oder Incentives verstärkt, um bestimmte Verhaltensweisen oder Unternehmensziele zu erreichen. Dieses Geben und Nehmen ist ein uraltes Prinzip der Beeinflussung. Wenn Ihr Arbeitsalltag ähnlich aussieht dann setzen Sie auf das sogenannte transaktionale Führungsmodell. Bass (1985) beschreibt, dass transaktionale Führer die Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeiter erfüllen wollen unter der Voraussetzung, dass der Job getan wird.

 

Gemeinsam statt einsam …

Sie interessieren sich für den Mitarbeiter in seiner Ganzheit als Person, für sein Leben, seinen Arbeitsstil? Empfinden Sie es als wichtige Aufgabe, die sozialen Kompetenzen Ihrer Mitarbeiter zu stärken? Sie möchten Mitarbeiter weg-führen von Bedürfnissen wie Bequemlichkeit und Ich-Zentriertheit, hin-führen zu Bedürfnissen wie Kommunikation und Teamfähigkeit, einige sogar selbst zu Führungskräften machen? Führungspersonal, welches so handelt, nennt man auch transformational denkende Führungskräfte. Sie helfen den Mitarbeitern, blockierende Gedanken zu reflektieren, Vor- und Nachteile von Handlungsoptionen gemeinsam zu erörtern und das Denken zu verändern; sie bringen sie auf ein höheres Niveau; denken Sie an Fußballtrainer wie Ferguson, Guardiola, Klopp oder Favre. Sie verbringen regelmäßig Zeit mit ihren Mitarbeitern und kümmern sich um deren Verhalten sowie die Einstellung zu Produkten, Kunden oder Change-Projekten? Wenn Sie sich ihrer beziehungs-orientierten Vorgehensweise bewusst sind und dadurch auch Selbstsicherheit ausstrahlen, leben Sie schon den transformationalen Führungsstil.

 

Angenommen, Sie kommen in einer Woche in 100 Situationen, in denen Führung gefragt ist, wie sind die Stile bei Ihnen verteilt?

 

Der Autor:

Marcus Stobbe, Diplom-Psychologe, ist seit 1992 selbstständiger Dozent, Trainer, Coach und Teamentwickler. Für sein Konzept der Führungskräfte-Entwicklung in einem Handelsunternehmen erhielt er den Internationalen Trainingspreis des BDVT. Er ist als Ausbilder von Coaches und Führungskräften in lösungsorientierter Kommunikation nach Steve de Shazer tätig und liebt es, seine Arbeit nach den Anforderungen der Kunden individuell auszurichten.

Viele Manager fühlen sich schlecht auf neue Führungsaufgaben vorbereitet

Die Studie Leaders in Transition: Progressing Along a Precarious Path der Talent-Management-Beratung DDI Deutschland kommt zu überraschenden Ergebnissen. 870 Führungskräfte aus weltweit tätigen Unternehmen haben an der Umfrage teilgenommen und ihren Standpunkt zu Motivation, Herausforderungen im Job und Bewältigungsstrategien erklärt. Über ein Drittel der Befragten gab dabei an, dass der Sprung auf der Karriereleiter häufig von Emotionen wie Angst, Unsicherheit und Frustration geprägt sei.

 

Führungskompetenzen: Das sagen die Befragten:

Die Ergebnisse der Studie auf einen Blick

Daniel Pötzsch

Daniel Pötzsch studierte Geschichte und Politikwissenschaft für das gymnasiale Lehramt. Das Referendariat nutzte er um seine Stressbewältigungskompetenzen und sozial-emotionale Stärke zu testen. Nach einem halben Jahr im Schuldienst entschloss er sich der Institution endgültig den Rücken zu kehren.

Als Freischaffender sammelte er Erfahrungen im Online-Marketing und konnte in seiner ersten Anstellung in Köln seine Expertise in der Suchmaschinenoptimierung und im Marketing für Bildungsanbieter ausbauen. Seit August 2014 ist er für die Online-Präsenz des IME zuständig und mag an seinem Arbeitsbereich die Verquickung verschiedenster Disziplinen und Methoden.

Seine freie Zeit verbringt er am liebsten offline mit Frau und Kind in der Natur, auf dem Rad oder beim Badminton.

 

Daniel Pötzsch ist auch hier zu finden:
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